COVID-Pandemie: Defizite der Angehörigenintegration sichtbar

 

Gießen, den 1.4.2022                      Bei ungefähr 85% der an (oder mit) COVID-Verstorbenen konnte der Nachweis geführt werden, dass diese definitiv an dem Coronavirus verstorben sind. Die Frage der Übersterblichkeit, der 129.000 allein in Deutschland an diesem Virus verstorbenen Menschen ist zwischenzeitlich durch mehrere Studien weitestgehend geklärt. Immerhin waren ca. 7.000 der ca. 129.000 Verstorbenen jünger als 60 Jahre und weitere 13.000 jünger als 70 Jahre. Ein Ende des Sterbens ist ebenso wenig absehbar wie ein Endpunkt der gegenwärtigen, weiterhin durch zahlreiche unbekannte bzw. schwer einschätzbare Variablen geprägten, pandemischen Lage. Allein der bisherige Pandemietreiber, immer neue Mutationen, ist durch die hohen Inzidenzen vitaler denn je. Klar ist, dass das Sterben in den Regionen und Bundesländern mit niedriger Impfdurchdringung signifikant höher ist als in solchen mit hoher Impfrate. Auch dies kann nicht wirklich überraschen. Die allermeisten COVID-Verstorbenen – man kann von 90% ausgehen – haben ihre letzten Tage im Krankenhaus oder in einem Pflegeheim – weitgehend isoliert von ihren Angehörigen und sozialem Umfeld – verbracht. Zur Orientierung: Täglich versterben in Deutschland – unabhängig von der Pandemie – ca. 2100 Menschen in Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen. Weitere 210-420 täglich Verstorbene, also ungefähr 10-20% Übersterblichkeit sind für die Betroffenen eine Tragödie, werden aber durch die professionellen Leistungsanbieter in den Krankenhäusern und Heimen nahezu „geräuschlos“ bewältigt. Auch ohne Pandemie waren nicht alle Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen gleich gut auf die Versorgung Sterbender – trotz unzweifelhaft erreichter Verbesserungen in den letzten Jahrzehnten – vorbereitet. In Krisenzeiten werden die bis heute bestehenden Defizite offensichtlich. Beispiel Angehörigenintegration: Viel zu häufig wurde und wird den Angehörigen in den zurückliegenden Pandemiejahren der Zugang erschwert oder gar unmöglich gemacht. So besteht ein – berechtigter Weise – komplexes und aufwendiges Hygiene- bzw. Pandemieregime gegenüber den sehr häufig alten Angehörigen, die sich – zugleich aufgrund einer völlig unverständlicher Weise fehlenden Impfpflicht der Beschäftigten – nicht sicher sein können, ob nicht mit zweierlei Maß gemessen wird! Beispiel Patientenverfügung und vorausschauende Lebensplanung: Die z.T. völlig schief verlaufene Debatte um die Triagierung bzw. wer welche Behandlung erhält lassen die bestehenden Wissens- bzw. Kommunikationsdefizite bis hin in die Verbands- und Medienwelt erkennen. Dabei war nie klarer, dass die Menschen Patientenverfügungen und vorausschauende Lebensplandung und mit diesen einhergehenden Festlegungen etwa zur Inanspruchnahme intensivmedizinischer Betreuung benötigen. Und zwar vor deren stationären Aufenthalt und vor pandemischen oder anderen Krisen.