Arbeitsplätze schaffen – eine gemeinsame Aufgabe von Kommune und Bürgern
Das Thema „Neue Arbeitswelten in Heuchelheim“ führte in der dortigen Turnhalle einen kleinen Kreis interessierter Bürger und Kommunal- verantwortlicher zusammen. Bürgermeister Steinz hatte zu diesem, nicht nur für die Gemeinde Heuchelheim wichtigen Thema eingeladen. Auf dem Podium hatten sich neben dem Bürgermeister, Geschäftsführer Peter Momper von der Klima- und Energieagentur Mittelhessens, Heiko Schuster als ortsansässiger Handwerker, Marco Sankewitz, Teamleiter der Bundesagentur für Arbeit (BA), der Zukunftsforscher Karl-Heinz Thiess (Network-Consulting) und Dr. Heinz-Otto Weber, Geschäftsführer des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Marburg (ifG Marburg) unter der Moderation von Prof. Dr. Wolfgang George (Kooperatives-Mittelhessen) zusammengefunden.
Die Experten waren sich rasch dahingehend einig, dass die absehbaren bzw. bereits eingetretenen Veränderungen der Arbeitswelt auch in Heuchelheim ihren Ausdruck fänden. Lückenlose Erwerbsbiographien würden zukünftig nur noch wenige für sich beanspruchen können, zu groß seien Anpassungsdruck auf Branchen und Anforderungen der (globalisierten) Märkte. Von einer durchaus soliden Ausgangsposition in Heuchelheim ausgehend, dass einen bis heute industriell geprägten Arbeitsmarkt aufweise, müsse man sich auch hier auf die Veränderungen einstellen, betonte Bürgermeister Steinz. Jenseits der großen Betriebe müssten vermehrt kleine und mittelständige Gründungen und Ansiedlungen gelingen.
In der Expertenrunde war man sich rasch dahingehend einig, dass das Thema Energie und hier insbesondere die regional organisierte Energieerstellung und Versorgung eine der großen Chancen für eine nachhaltige Konsolidierung der Arbeitswelt bieten könnte. Erhebliche Investitionen stünden bevor, insbesondere in die bislang noch viel zu kurz gekommene Energieeffizienzerhöhung der Häuser, so Peter Momper. Dieser führte eine Beispielrechnung aus, in welcher allein im Landkreis Gießen eine Investitionssumme von 2 Mrd. € anstünde, wenn alle Häuser entlang der formulierten und verabschiedeten Klimaschutzziele saniert würden.
Solch eine volkswirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Leistung ist nach Ansicht von Heinz-Otto Weber umfassend nur in einem kooperativ-ökonomischen Geschäftsmodell nachhaltig leistbar. Einem mitgliedernutzenbasierten Gemeinschaftsmodell, in dem neben Eigenleistung und nachbarschaftlich-unterstützendem Bürgerengagement auch das Engagement und vielfältige Leistungsangebot der ortsansässigen Handwerker, Dienstleister und anderen mittelständigen Arbeitgebern zum Nutzen aller Beteiligten miteinander verbunden werden müsste. Die gemeinsame Ziel- und Motivationslage führe zu einer förderwirtschaftlichen Zweckgemeinschaft aller Nutzer, für die und ihre Vernetzung mit anderen Projekten die Genossenschaft (eG) die passendste Vereinigungsform sei.
Neben dem Energiethema, sei die Gesundheitswirtschaft und hier insbesondere der Umgang mit den Anforderungen, die sich aus der demographischen Entwicklung, einem weiteren Megatrend mit erheblichen Auswirkungen auf die zukünftige Arbeitswelt, zu nennen.. Man müsse sich wohl von der bisher als stabil angesehenen Trennung von Lebens- und Arbeitswelt verabschieden. Viele Tätigkeiten – gerade im Dienstleistungsbereich – könnten zunehmend auch aus einem Home-Office betrieben werden. Lange Anfahrten zur Arbeitsstelle entfallen und geringer werdende Löhne bei zugleich steigender Lebensqualität eröffneten neue Alternativen, so der angereiste Zukunftsforscher Karl-Heinz Thiess.
Marco Sankewitz betonte in seinen Ausführungen die Bedeutung der Rückbindung der Arbeit in den regionalen Handlungsraum der Unternehmen und zugleich den Lebensraum der Arbeitssuchenden. Die Optimierung der Zusammenführung der sich hieraus ergebenden Arbeitsmöglichkeiten sei eine wichtige Zielgröße der BA. Genaue Kenntniss der jeweiligen Bedürfnisse und Fähigkeiten von Arbeitgebern und Arbeitslosen seien hierfür Voraussetzung sowie für gelungene Projekte, die auf allen Seiten Gewinner zurückließen. Das Arbeitsfeld Energiewirtschaft sei exemplarisch gut geeignet die Akteure zusammenzuführen. Das unterstützende Engagement der BA in solchen Projekten sei für ihn selbstverständlich.
Nach der gemeinsam – und unter Einbindung der anwesenden Gäste –vorgenommenen Ausgangsbestimmung galt die zweite Gesprächsrunde den konkreten Möglichkeiten des praktischen Vorgehens in Heuchelheim. Wo und mit wem könne man als erstes anpacken, und wie dabei zugleich bürgerschaftliches Engagement entfachen?
Zwei schon greifbarere Ideen entwickelten sich im Verlauf der nun anschließenden Aussprache zwischen Podiumsgästen und anwesenden Besuchern. Bürgermeister Steinz formulierte hierbei die Überlegung, ob es nicht möglich sei, ein Pilot- oder Modellprojekt rund um das ja bereits existierende „Heuchelheimer Haus“ zu initiieren. Es müsse doch möglich sein, hier unter breiter Einbindung aller potentiell Interessierter aus Bürger- und Handwerkerschaft ein handlungsfähiges Bündnis zusammenzuführen.
Genauso aufgeschlossen zeigten sich alle Anwesenden der Überlegung einen Plan zur bürgernahen, energetischen Sanierung der Häuser und Immobilien Heuchelheims auf den Weg zu bringen. Gerade hier könnten Nachbarschaftshilfe, zu allererst natürlich die betroffenen Immobilienbesitzer selber, Handwerker und eben alle benötigten Gewerke zu einer Interessengemeinschaft und einem gemeinsamen Antritt zusammengeführt werden. Erinnert wurde an den bedeutsamen Sektor der deutschen Wohnbaugenossenschaften, die es bekanntlich in viel schwieriger und sehr kurzer Zeit nach dem 2. Weltkrieg geschafft hätten, Wohnraum für Millionen Menschen zu erstellen.
Das nächste Treffen wird im September 2010 stattfinden. Der Bürgermeister wird erneut zum Gespräch einladen, die Expertenrunde eine erste Projektskizze als Grundlage zur weiteren Diskussion und dem möglichen Vorgehen vorstellen. Das Wichtigste ist aber, die interessierten und engagierten Bürgerinnen und Bürger Heuchelheims zu gewinnen!