Die eingetragene Genossenschaft unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Gründung
Genossenschaften sind aus unternehmerischer und organisatorischer Perspektive einzigartige Kooperationen, die in sich sowohl Elemente von Personengesellschaften als auch Elemente von Körperschaften vereinen. Sie sind historisch gesehen aus der Not geborene Selbsthilfeeinrichtungen, von den Mitgliedern als Ausdruck demokratischer Freiheit und gegenseitiger solidarischer Hilfe selbst verwaltet und selbst verantwortet. In ihr schließen sich eine Vielzahl von Personen zusammen, um einen gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck zu verfolgen . Ihre Geschäftstätigkeit fokussiert auf den Member-Value, während bei Kapitalgesellschaften der Shareholder-Value dominiert . Genossenschaften sind nicht nur in Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie haben weltweit Verbreitung gefunden.
Die Gründung von Genossenschaften ist im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts stark abgeebbt, weil das Image der genossenschaftlichen Rechtsform von vielen auf Kooperation bedachten Personen und Unternehmen als unattraktiv empfunden wurde . Die Mehrheit der Befragten lehnte die eingetragene Genossenschaft als nicht modern genug ab, auch wenn sie sich beim Rechtformvergleich in einer Reihe von Punkten positiv von anderen Kooperationsformen abgrenzt.
Vielfach wird bei der Rechtsformwahl angeführt, dass bei der Genossenschaft die Gründungsprüfung einen erheblichen Teil des Gründungsaufwandes ausmacht und dieser daher deutlich höher als z.B. bei der GmbH und den Personengesellschaften ausfällt. Tatsächlich fordert der Gesetzgeber für andere mit der eingetragenen Genossenschaft konkurrierende Gesellschaftsformen keine Gründungsprüfung. Die Gründungskosten fallen jedoch zumeist moderat aus. Auch ist zu berücksichtigen, dass bei der Bewertung der Kosten der Gründungsprüfung vielfach die sich daraus ergebenden Chancen außer Acht gelassen werden. Ein Kosten-Nutzenvergleich findet häufig leider nicht statt. Diejenigen, die sich für die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft entschieden haben, sahen demzufolge in ihrer Mehrheit die obligatorische Gründungsprüfung nicht als Nachteil an .
Seit der Jahrtausendwende ist die Zahl der Neugründungen stark angestiegen. Die Mehrzahl dieser jungen Genossenschaften ist in Märkten mit Wachstumspotenzial für neue, innovative Produkte und Dienstsleistungen tätig. Meist sind es Märkte, die aufgrund gesellschaftlicher, technologischer und politischer Umbrüche neue Chancen eröffnen. Ein solcher Markt ist die Energieversorgung mit erneuerbaren Energien. Neue Technologien, veränderte politische Rahmenbedingungen (EEG) und ein verändertes gesellschaftliches Bewusstsein, ermöglichen heute viel leichter dezentrale Lösungen.
Ziel der Autoren Volkmar Kaiser und Rechtsanwalt Dr. Edgar Steinle ist es, dem Leser die rechtliche Verfasstheit der eingetragenen Genossenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Gründungsanforderungen näher zu bringen. Der Fokus liegt dabei auf Genossenschaften, deren Unternehmensgegenstand auf den Betrieb von Photovoltaikanlagen (Photovoltaikgenossenschaften) und Nahwärmenetzen (Nahwärmeliefergenossenschaften) gerichtet ist.
Beitrag zum Buch „Regionales Zukunftsmanagement – Band 5: Energiegenossenschaften gründen und erfolgreich betreiben“