Genossenschaften

Ist das Genossenschaftsmodell der Königsweg zur Gestaltung der Energiewende?

Energiewende oder Rollback? (Foto: Julian Nitzsche / pixelio.de)

Energiewende oder Rollback? (Foto: Julian Nitzsche / pixelio.de)

Dass die Energie-Genossenschaften ein Erfolgsmodell sind, zeigt eine Bilanz des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV): Nach dieser sind bereits mehr als 80.000 Menschen mit mehr als 1/4 Milliarde Euro in Energie-Genossenschaften engagiert und es ist klar, dass dies nicht das Ende der Fahnenstange ist.

Die Energie-eG´s haben bisher ungefähr 800 Millionen Euro investiert, 2013 ist die Milliardengrenze erreichbar. Die Genossenschaften produzieren zwischenzeitlich annähernd 0,3 GWh Strom und können damit (als Energieäquivalent) 83 tausend Durchschnittshaushalte versorgen. Um in dem Rechenbespiel zu bleiben: damit wird mehr Strom produziert als die Mitglieder selber benötigen. Dennoch ist diese Leistungsbilanz, die durch Ergebnisse des Novy-Instituts bestätigt werden kein Grund zum Innehalten oder Euphorie.

Immer mehr Bundesländer, Städte, Gemeinden und deren Bürger erkennen die Vorteile des genossenschaftlichen Vorgehens. Zugleich sind Interessen und Möglichkeiten derer, welche die Energieproduktion faktisch in den Händen weniger belassen wollen enorm.

Es wird darauf ankommen, 2013 eine erfolgreiche Kommunikations-Kampagne für unser Modell zu führen, die von allen Bürgern und Meinungsbildnern wahrgenommen werden kann.

Mehr Kooperation in Mittelhessen anstreben und fördern

Zur Kooperation braucht man keine wehrhaften Burgen (Foto: wjk)

Zur Kooperation braucht man keine wehrhaften Burgen (Foto: wjk)

Wenn es gilt ein, für eine Region relevantes wirtschaftliches Ziel zu erreichen, dass nur über die Zusammenarbeit möglichst vieler erreicht werden kann. Dies ist in keinem anderen Handlungsrahmen leichter möglich als in dem der Genossenschaft.

Diese Wahrheit ist seit über 150 Jahren, weltweit viele tausend Mal bestätigt worden, sie wurde in Deutschland erfunden. In Hessen besitzt das Genossenschaftswesen bis heute Verfassungsrang (§44).

2012 : Das von der UN ausgerufene Jahr der Genossenschaften

Genossenschaften stellen weltweit über 100 Millionen Arbeitsplätze bereit

Genossenschaften stellen weltweit über 100 Millionen Arbeitsplätze bereit

Der weltweite Erfolg der Genossenschaften ist eindrucksvoll. Laut Aussage der UNO existieren in mehr als 100 Ländern viele Tausend Genossenschaften, in denen 800 Millionen Mitglieder beheimatet sind und die über 100 Millionen Arbeitsplätze stellen.

Nach Berechnungen der FAO ernähren landwirtschaftliche Genossenschaften über die Hälfte der Weltbevölkerung.

Unsere Gesellschaft braucht mehr Werteorientierung.

Blick in die neue Stadtverwaltung in Gießen (Foto: wjk)

Blick in die neue Stadtverwaltung in Gießen (Foto: wjk)

Welchen Zukunftsbeitrag können Genossenschaften leisten?

Die ökonomische Substanz der Exportwirtschaft auf der unser wirtschaftlicher Erfolg maßgeblich beruht, droht durch die sich vollziehende Finanzkrise verloren zu gehen. Keiner hofft es und es gilt alles Machbare zu unternehmen um eine mögliche Talfahrt zu verhindern, zugleich wäre es naiv vor dieser Möglichkeit die Augen zu verschließen.

Gemeinsames Wirtschaften hat einen besonderen Charme.

Entgegen aller Unkenrufe setzt sich das genossenschaftliche Format wieder verstärkt durch. Warum Sie jetzt das Rechts- und Sozialformat der Genossenschaft im Auge haben sollten.

Mehrere hundert Energie-Genossenschaften — zumeist als Gesellschaften von ca. 50 Mitgliedern gegründet und regelmäßig in kurzer Zeit zu Organisationen mit (zum Teil weit) über 100 Mitgliedern ausgebaut — existieren zwischenzeitlich über die ganze Republik verteilt. Das Jahr 2011 wird unzweifelhaft einen vorläufigen Höhepunkt der Gründungszahlen bedeuten. Dabei muss ein Ende dieser Gründungswelle nicht absehbar und auch nicht notwendig sein.

roundtable-in-laubach

Roundtable in Laubach: Der Genossenschaftsgedanke bringt auch Kommunen, Bürger und Unternehmen einander näher (Foto: wjk)

Das anspruchsvolle Ziel von 2000 Energie-Genossenschaften in Deutschland erscheint durchaus nicht als Utopie. Die Erkenntnis, das viele Tausend dezentrale Produktionsprojekte im Rahmen der eingeleiteten Energiewende realisiert werden müssen, spricht Bände.Die genossenschaftliche Handlungswelt ist potentiell zu weiten Sprüngen in der Lage. Bereits vereinfachte Planrechnungen zeigen auf, dass allein mit den bestehenden Agrar-und Wohnungsbau-Genossenschaften, den Volks- und Raiffeisenbanken sowie den genossenschaftlichen Verbundunternehmen 30 Milliarden Euro Investitionen aufzubringen wären. Einlagen von Bürgerinnen und Bürgern erhöhen die Attraktivität der Genossenschaften vor Ort.

Die für eine neue Genossenschaft notwendigen Zutaten (z.B. Kapital, Fläche, Geschäftsmodelle) zum Betrieb des jungen Unternehmens steht in den Regionen regelmäßig zur Verfügung. Natürlich ist eine unterschiedliche Ausprägung beim Zubehör (z.B. Wissen, engagierte Bürger und Wirtschaftsunternehmen) feststellbar. So ist es tatsächlich die Region bzw. diejenigen, welche für die Regional-Wirtschaft und die regionale Lebensqualität verantwortlich sind, die als systematische Förderer und Mentor genossenschaftlicher Lösungen zu identifizieren wären. Erst langsam wird es klar, dass es sich bei den in Anlagen aufzubringende Gelder um Investitionen handelt, die unter anderen auch in der Hand von regionalen Investoren verbleiben sollen. Tatsächlich besteht die wohl einmalige Chance, weite Teile der Bevölkerung systematisch zum Anteilseigner gesellschaftlich relevanter Produktivgüter zu machen.

Die genossenschaftliche Welt ist aufgefordert, die bestehende Umbruchsituation für ihr kooperatives Handlungswissen — über das Energiethema hinaus — zu nutzen. Es gilt den gesellschaftlich Verantwortlichen und Bürgern ihre weltweit existierenden Modelle und Lösungen aufzuzeigen.

Wann gründen Sie eine Genossenschaft oder treten einer vorhandenen Genossenschaft als Mitglied bei?

Energiewende für alle

Ziel
Ziel der GEG ist es in Giessen — als kooperativ organisierte Unternehmung — Projekte der Energieproduktion (1), der innovativen Energieverwendung (2), der Energieeffizienz (3) und des Energie-Managements (4) zu betreiben.

Zentrale Akteure und Nutznießer der Arbeit der GEG sind die Bürger, kooperierende Unternehmen und der Lebensraum Gießen. Zentrales Erfolgskriterium ist die Erhöhung der Lebens- und Standortqualität.

Strategie, Struktur, Satzung
Um oben genannte Ziele zu erreichen sind die Hauptadressaten der GEG die Bürgerinnen/Bürger und deren Vertreter (öffentlichen Organen, Parteien, Vereinen und Verbänden). Es ist ausdrückliches Ziel, mit anderen kooperativen Unternehmen zusammenzuarbeiten.

Diese sollen mit zu den ökonomischen und sozialen Gewinnern der Energiewende gehören. Dies gelingt dadurch, dass sie Anteile an der Giessener Energie-Genossenschaft erwerben, ihre Stimme, Erfahrung und Engagement in diese einbringen.

Gleichzeitig bindet die GEG auch Vertreter regionalen Wirtschaft und Dienstleister ein. Die einzelnen Leistungen zur Entwicklung und dem Betrieb von Energie-Produktionsstätten sollen durch regionale Akteure (Lieferanten, Handwerker, Banken und Versicherer etc.) erbracht werden. Gleiches gilt für die anderen Geschäftsbereiche der GEG eG. Es wird eine regionale Wertschöpfungskette initiiert, indem der Nutzen möglichst weitreichend bei den regionalen Investoren bleibt. Auch um möglichst viele Bürger einzubinden, ist es möglich sich je nach finanzieller Möglichkeit und Interesse ab 200 € (1 Anteil) einzubringen.

Um diese Ziele und Strategie umzusetzen, wird die GEG so strukturiert, dass die inhaltlichen Schwerpunkte (mittelfristig) durch je einen (Bereichs-) Vorstand und eine von diesem geleitete Arbeitsgruppe abgebildet sind.

Bereits zur Gründung sollen 4- 5 Bereiche etabliert werden: 1. Produktion 2. Effizienz- und Energie-Management 3. Anwendung / Mobilität 4. Mitgliederbetreuung und Kommunikation 5. Finanzen und Controlling. Ferner wird auch der mögliche Aufsichtsrat vorbereitet in dem die einzelnen Interessenlagen – vor dem gemeinsamen oben genannten Ziel — abgebildet sind. Je nach angezielter Größe kann der Aufsichtsrat 6-8 Personen umfassen. Die Satzung der GEG eG wird diesen Vorgaben folgend gegenwärtig erstellt und bis zum 1.11. an dieser Stelle eingestellt.

Zeitplan

Die Gründung der Genossenschaft ist für den 24.11.2011 ab 17.30 Uhr in der Messe Gießen (An der Hessenhalle 11) nach dem Kongress Kommunale-Kooperation vorgesehen und wird gegenwärtig vorbereitet. Bis dahin wird auch der notwendige Geschäftsplan abschließend entwickelt. Die Anerkennung bei einem Prüfverband und die Eintragung in das Genossenschafts-Register lassen davon ausgehen, dass die Genossenschaft zu Beginn März 2012 eingetragen ist. Bis dahin liegen die ersten Projektplanungen auf Grundlage der Ausarbeitungen des Vorstandes, Aufsichtsrates und der Projektgruppen vor.

Machen Energie-Genossenschaften Sinn?
Dass es aus vielfachen Gründen lohnend ist Mitglied einer Energie-Genossenschaft zu werden, kann vorausgesetzt werden.

An dieser Stelle soll sich der Blick nicht nur auf die finanziellen Renditeerwartungen und die Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen Geschehen der Bürger richten. Auch die praktische Demokratisierung politischen Willens oder die Aussagen zahlreicher Mitglieder von Energie-Genossenschaften, dass diese das soziale Leben der Gemeinde positiv befruchteten, lässt sich hier anführen.

Der Verweis dass gegenwärtig in zahlreichen Städten und Regionen Energie-Genossenschaften gegründet werden, muss allein auch keine hinreichende Legitimierung sein.

Machen Sie mit!

30 Mrd € Investition durch Energie-Genossenschaften möglich

Die neuen regenerativen Energien müssen finanziert werden. Dabei sind sich alle Experten einig, dass diese Investitionen zu Produktionsstätten in der Fläche — auf dem Lande — führen werden. Wer anderes als die dort lebenden Menschen sollten die Investoren sein?

windraeder

Wilfried J. Klein: Können Sie uns die notwendigen Investitionen ein wenig erläutern?

Wolfgang George: Bei den Anlagen handelt es sich um Produktivgüter, die auf diese Weise in die Hände von Vielen gelangen könnten. Wenn die regionalen Banken gemeinsam mit den Bürgern und der regionalen Wirtschaft handeln, können leicht bei nur 5.000 neuen Produktionsstätten 30 Milliarden € regionales Kapital aufgebracht werden. Dies ist kein unrealistisches Szenario.

Wilfried J. Klein: Wie wollen Sie das regional notwendige Kapital aufbringen und wie hoch ist die Investitionssumme für einen einzelnen Anleger?

Wolfgang George: Als Grundlage für die Rechnung kommt ein genossenschaftliches Kapitalisierungs-Modell in Frage, welches es leicht ermöglicht, diese Investitionssumme zu mobilisieren. Als Grundlage für die Planrechnung reicht eine Einlage von nur 1000 €.

Was gegenwärtig fehlt ist eine geeignete Kampagne etwa durch die Genossenschaften bzw. die regionalen Banken, Wirtschaftsverbände bzw. Parteien und Bürgervertreter vorgetragen.

Wilfried J. Klein: Vielen Dank für das Interview.

Neue Bündnisse für die Sicherung der Lebensqualität

Das Cover des neuen Buches

Das Cover des neuen Buches

Wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit von Wirtschaft, Politik und Bürgern – Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums über Wiedererstarkung genossenschaftlichen Wirtschaftens ermöglichen

Demographischer Wandel, vielerorts bestehende Landflucht junger und gebildeter Menschen hin in die urbanen Metropol- Regionen, Globalisierungsdruck auf die Wirtschaft allesamt Durchlauferhitzer der gegenwärtigen Situation Deutschlands. Anstelle des passiven Erlebens der bereits vielerorts spürbaren Auswirkungen gilt es durch aktives und zielgenaues Handeln zu verhindern, dass  zusehend die Lebensqualität der Menschen durch Rücknahme wichtiger Leistungsangebote sinkt.

Sind Genossenschaften im Aufwind?

brainstorming300Es gibt sie tatsächlich die Renaissance der Genossenschaften: mit zunehmender Geschwindigkeit sind in den letzten 10 Jahren 1000 neue Genossenschaften deutschlandweit, insbesondere in den Branchen Gesundheitswesen, Energiewirtschaft, Soziales Leben und Wohnen, Bildung und auch im öffentlich-kommunalen Umfeld gegründet worden. Trotzdem ist man im Genossenschaftswesen mit dem bisher Erreichten nicht dauerhaft zufrieden.

„Das Potential genossenschaftlicher Gründungen ist nach unseren Markt- und Wettbewerberanalysen mindestens 10-mal so groß“, so Prof. Dr. Wolfgang George von der Fachhochschule Gießen Friedberg. „Das Wiederkennen der Bedeutung der Regionalökonomie und die schwierige Lage der kommunalen Haushalte lassen vermuten, dass wir allein in diesem Handlungsfeld erst am Anfang einer bedeutsamen Entwicklung stehen“, schätzt George die Lage ein und „… auf diese Weise könnte es gelingen, die von allen Seiten geforderte Bürgergesellschaft — nun auch wirtschaftlich begründet – in einem 3. Sektor tatsächlich auf den Weg bringen. Das geht nicht allein öffentlich und auch nicht privat bzw. ehrenamtlich“.

Die Geschäftsmodelle zahlreicher Genossenschaftsgründungen würden Ähnlichkeiten zu denen von Teamgründungen besitzen. Obwohl von allen Experten gefordert, weil vernünftig und von den Leistungs- und Marktanforderungen berechtigt, blieben auch diese bis heute hinter ihren prognostizierten Möglichkeiten zurück. Laut George „… ist wichtig, dass die in den Regionen verantwortlichen Gestalter aus Wirtschaft, Politik und Bildung in einem ersten Schritt den für die Region bestehenden Existenzgründungsbedarf identifizieren, dann wird nicht nur klar wo Bedarf existiert sondern auch auf welchen Baustellen Teamgründungen und die Regeln der kooperativen Ökonomie notwendig sind.“ Dieses aktive Vorgehen ergänze das bisherige System in welchem die Initiative maßgeblich vom Gründer ausgeht.