Hessens Kommunen sind bereit und fähig ihren Anteil am Aufbau der erneuerbaren Energien zu leisten. Kooperative Ökonomie kann regionalen Interessen zugunsten einer aussichtreichen Goldgräberstimmung zusammenführen, auch wenn sich das Lebensumfeld ändert.
Die Katastrophe in Japan brachte die wichtige Diskussion um risikoärmere Technologien erneut in Gang. Aber auch die Ergebnisse der vergangenen Landtags- und Kommunalwahlen unterstützen die frischen Debatten um die Energieproduktion der Zukunft. Der Ausbau erneuerbarer Energien gelingt nur dann in dem formulierten Tempo und Qualität, wenn Bürger als Verbraucher an den Gewinnen partizipieren. Betroffen sind natürlich auch die Städte und Gemeinden, denn hier entstehen die Baustellen. Dabei ist die bis heute verwendete Grundannahme, erneuerbare, in den Regionen produzierte Energie sei teurer als fossile Energieträger oder Kernenergie schlichtweg irreführend.
„Stellen Sie doch einmal die regionale Wertschöpfung in den Mittelpunkt Ihrer ökonomischen Bewertung.“, ermuntert Prof. Dr. Wolfgang George die Akteure der regionalen Energieproduktion. Er identifizierte hier nicht nur die lokalen Rohstoff- oder Flächenlieferanten, sondern auch die Handwerker und Gewerbebetriebe, die regionale Bank bis hin zum Verbraucher. Dann wird klar, das Geld bleibt als Investitions- und Kaufkraft in der Region. Und die regionale Wertschöpfungskette führt dazu, dass sehr rasch von jedem Euro 90 Cent verbleiben.
Für den absehbaren Ausbau sind nach Aussagen die hessischen Gemeinden prinzipiell bereit. Zahlreiche Städte und Gemeinden bzw. mit diesen verbundene Gesellschaften hätten den Weg zu den regenerativen Energien ohnehin bereits aufgenommen. Einige wären bereits soweit, dass diese mehr Strom produzierten als sie verbrauchen.
Nun gelte es die politischen Voraussetzungen zu verbessern, Förderanreize neu zu formulieren und mögliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Hier sei insbesondere die Landes- und Bundesregierung gefordert bzw. die eingeleiteten Anpassungen bereits erkennbar. Zugleich aber müssten die Bürgermeister und Gemeinde-Verantwortlichen zeitnahe darauf hinwirken, dass eine überparteiliche, regionale Kooperation zwischen Wirtschaft, Bürgern, Vereinen und Kirchen entstehen kann. Das Ziel hierbei ist die Erschließung regionaler Energien vor Ort. Oft bietet sich auch die interkommunale Zusammenarbeit an.
Die Zukunft der Energieversorgung darf nicht nur Global Playern oder überregional agierenden Investoren überlassen werden. Die zuletzt etwas gebremste Wende hin zur regenerativen Energie ist nun erheblich zu forcieren, damt die Regionen auch anständige Renditen erzielen. Breite regionale Bündnisse erlangen eine hohe Tragfähigkeit, wenn sie bereits zu einem frühen Zeitpunkt nach den Regeln der kooperativen Ökonomie aufgebaut werden.
Die so entstehenden, regionalen Energie-Genossenschaften können, am ehesten transparent und demokratisch die doch immer unterschiedlichen Teilinteressen vor Ort zugunsten des gemeinsamen Ziels, der ökomischen und gesellschaftlichen Teilhabe zusammenführen. Dies sei keine graue Theorie, sondern inzwischen etwa in zahlreichen, europaweit funktionierenden Bioenergiegemeinden bzw. Regionen bewiesen.
George erinnert daran, dass das genossenschaftlichen Wirtschafts- Rechts- und Sozialformat eine nachhaltige und krisensichere Vorgehensweise bedeute. Die Genossenschaft besitzt nicht nur in Hessen, hier ist es § 44 der Verfassung des Landes, Verfassungsrang. Neben der gesellschaftlichen Innovation und ökologischen Fortschritt einer regionalen Energieversorgung verweist George konsequent auf die ökonomischen Vorteile für Bürger, Kommunen und Regionalwirtschaft.
Gerade für den ländlichen Raum, ergibt sich eine einmalige Chance an diese erkennbare „Goldgräberstimmung“ für sich zu nutzen, neue Arbeitswelten entstehen zu lassen und jungen Familien Lebensperspektiven aufzuzeigen. Auch sei es immer sinnvoll Energie möglichst nahe am Ort der Verwendung zu produzieren. Natürlich würden auch bei solch einem kooperativen Vorgehen Bedenken bleiben und nicht alle Politiker, Wirtschaftsvertreter oder Bürger würden in einem ersten Schritt eingebunden werden können.
Dennoch, so berichtet George aus zahlreichen Projekten, ist die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit bei methodischem Vorgehen immer herstellbar. Der erzielbare Erfolg spräche für sich und es gelte einen Spirit vorzuleben der es selbstverständlich immer auch ermöglicht etwas später kommende einzubinden.
Schließlich sollte nicht übersehen werden, dass in den Regionen produzierte erneuerbare Energie immer auch ein aktives Element der Friedenspolitik sei. Gegenwärtig haben wir ja nicht nur Japan sondern ja auch die Unruhen in Nordafrika, etwa in Libyen vor Augen.
Desertec ist als potentielles Süd-Nordausgleichprojekt oder technologischer Inkubator sicherlich als lohnenswert wie die Off-shore-Anlagen in der Nordsee einzustufen. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die wirtschaftlichen Vorteilw dieser Großprojekte nur einigen Konzernen Rendite bringen. Die möglichen Beeinträchtigungen verbleiben indes bei der Bevölkerung vor Ort.
Auch für die gegenwärtig heftig diskutierten neuen Stromtrassen ist nach Alternativen (z.B. Erdleitungen) und ökonomischen Modellen Ausschau zu halten, in denen die betroffenen Bürger eingebunden werden können. Schelzke hingegen empfiehlt den Gemeinden, einen regionalen Energiemix zu identifizieren und diesen dann gemeinsam zu bergen.
Lehrgang „Kommunaler Energiemanager“
Im Herbst dieses Jahres findet ein hochschulzertifizierter Lehrgang zum „Kommunalen Energiemanager“ in Gießen statt. Diese Fortbildung wurde vom Hochschulzentrum für Weiterbildung (HZW) der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) gemeinsam mit dem Deutschen- und Hessischen Gemeindebund konzipiert und richtet sich an Vertreter der Städte und Kommunen.
Nähere Informationen hierzu: tina.weiss@hz.thm-giessen.de