Wir brauchen in Deutschland mehr Teamgründungen

wolfgang-george-im-gesprachImmer wieder ist es von Unternehmens- und Wirtschaftsverbänden aber auch von Wissenschaftlern zu vernehmen, dass zu wenige Unternehmensgründungen durch größere Gruppen bzw. einem Gründungsteam vorgetragen würden. Es bleibt bei Absichtserklärungen und der Erkenntnis, dass dies eine wünschenswerte Alternative zu den üblichen Existenzgründungen von einer bzw. 2-3 Unternehmensgründer ist, allein einen wirklichen Anteil des Gründungsgeschehens machen sie bis heute nicht aus.

Eine Ursache liegt ganz sicher in dem Umstand, dass es nur wenige strukturelle Bemühungen die Team- und Gruppengründungen in der Praxis dann auch tatsächlich zu ermöglichen. Wenn man sich einen Überblick über die Veröffentlichungen zum Thema verschafft wird deutlich, dass zwar die bestehenden Hindernisse (Einzelgesellschaften sind einfacher zu initiieren, finanzielle Gründungsunterstützung leichter zu erwirken, Steuer- Anwaltskanzleien und Berater präferieren aus leicht erkennbaren Begründungen Einzelpersonengesellschaften) benannt werden, die möglichen Team-Geschäftsfelder bzw. die aus der rechtlichen Möglichkeit der gegründeten Gesellschaft erschließbaren Geschäftsmodelle und Leistungsangebote bisher wenig präzise beschrieben wurden.

Frage: Für welche Branchen können Teamgründungen relevant sein?
Antwort: Es ist weniger eine Frage der Branche, als was in einer Branche erreicht werden soll. Prinzipiell sind die Teamgründungen in allen Bereichen des Wirtschaftslebens wünschenswert.

Frage: Was meinen Sie damit, es sei eine Frage was erreicht werden soll?
Antwort: Je komplexer eine durch eine Existenzgründung zu erbringende Leistung bzw. je differenzierter die Wertschöpfungskette, desto mehr qualifizierte Teilleistungen benötige ich, die im Fall einer Existenzgründung eher durch ein Team als durch 2-3 Gründer abgebildet werden kann.

Frage: Geben Sie ein Beispiel!
Antwort: Die IT-Branche, deren Produkte die Durchaus von der genauen Kenntnis eines Geschäftsprozesses, der Entwicklung und Programmierung, bis hin zum Vertrieb, was in dieser Branche häufig ein intelligentes Marketing voraussetzt kann als ein gutes Beispiel angesehen werden. Die IuK-welt ist auch insofern ein gutes Beispiel, weil hier häufig noch ein zweites Merkmal hinzutritt, dass konstitutiv für Teamgründungen ist.

Frage: Welches Merkmal ist dies:
Antwort: Die gleiche Augenhöhe der Personen des Kernteams. Allesamt eher auf gleichem Ausbildungs- und Sozialisationsniveau, häufig werden auch dieselben Werte geteilt.

Frage: Nun muss die IuK-Branche nach wie vor nicht repräsentativ sein. Wo sehen Sie noch Geschäftsfelder?
Antwort: Den oben benannten Argumenten folgend sind Teamgründungen auch im Dienstleistungsbereich möglich, wenn nur eine Gruppe bereits das Anfangsgeschehen erfolgreich bewältigen kann. An eine Schul- und Ausbildungseinrichtung kann hier ebenso gedacht werden wie an eine zeitgemäße, lebens- und wohnortnahe Senioreneinrichtung die durch ein Existenzgründungsteam der unterschiedlichen Professionen betrieben wird.

Natürlich können sich 10 examinierte Gesundheitspfleger und Angehörige anderer Berufsgruppen sich hier aufmachen. Intelligente Pflege- und Betreuungsdienstleistungen werden zukünftig noch besser funktionieren. Gerade aktuell konnten diese das höchste Wachstum in Deutschland vorweisen. Bei dieser Form der Existenzgründung wird noch ein weiteres Merkmal deutlich: viele kleinere können gemeinsam ein größeres Geschäft machen, auch wenn dies nie ein Millionengeschäft wird.

Frage: Was müssten die bisherigen Gründungsverantwortliche also durchaus öffentliche Hand, die Kammern und Wirtschaftsverbände unternehmen?
Antwort: Natürlich ist es immer hilfreich die bestehenden Bedarfe abzubilden. Diese sind von Region zu Region durchaus akzentuiert. Als nächstes müssen in diesem Gründungsfeld Anreize geschaffen werden, wobei ganz sicher nicht die großen Neuinvestitionen notwendig sind sondern eher ein Umleiten bereits im System befindlicher Gelder. Selbstverständlich wird es immer den Gründer geben, der selbst eine zündende Geschäftsidee und die Möglichkeit hieraus Geld zu machen mitbringt. Wichtiger aber noch und systematisch erlkennbar zumachen sind die Baustellen in welche man gezielt Gründungswillige führt. Genau in dieser Situation sind es oft Teams die gefordert sind weniger „Einzelpersönlichkeiten“.

Frage: Sie bemühen sich ja insbesondere um Existenzgründungen der kooperative Ökonomie, die im Wesentlichen auf die Genossenschaften zuläuft, wo genau liegt bei denen der Vorteil?
Antwort: Der entscheidende Vorteil bzw. über das bisher gesagte zu den Potentialen von Teamgründungen hinausgehende liegt insbesondere in dem sogenannten genossenschaftlichen Identitätsprinzip. Das heißt, dass in einer Genossenschaft sowohl der Hersteller eines Produktes als auch der Kunde Gesellschafter sein können. Allein daraus ergeben sich völlig neue Gründungsszenarien, denn hier sind vielfach große Personengruppen Gründer/innen.

Frage: Nennen Sie uns doch hier ein Beispiel!
Antwort: Die alten landwirtschaftlichen Genossenschaften, die gleichwohl bis heute funktionieren und durchaus erfolgreich sind, wie z.B. die Winzergenossenschaften, produzieren, veredeln und vertreiben den Wein gemeinsam, schaffen die notwendigen Geräte in einem Pool etc. Auf heutige Anforderungen oder Leistungen übertragen könnte dies etwa bedeuten, dass eine Gruppe von Gymnastik- und Sportlehrern eine Sporthalle betreiben und ihre Kunden zu Gesellschaftern machen, die dann etwa die Sportangebote für umsonst oder 50% bekommen. Je nachdem wie der Gesellschaftsvertrag ausgestaltet ist. Dies wäre eine Alternative zu den Vereinen, die vielfach insbesondere deswegen existieren können, weil bestimmte Kosten von der Kommune übernommen werden.

Vielen Dank für das Interview.

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